Interview mit Lektorin Astrid Rahlfs

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Wir von der Romance Alliance wollen euch immer wieder spannende Buchmenschen in Interviews vorstellen. Heute wollen wir euch die Lektorin Astrid Rahlfs von RaBe Lektorat vorstellen, die unsere Love Shots-Reihe, die in Zusammenarbeit mit dem dp DIGITAL PUBLISHERS entstanden ist, begleitet hat. Die meisten von uns hatten bereits das Vergnügen, diese humorvolle, sympathische Frau persönlich kennenzulernen. Das Besonderes an der Zusammenarbeit mit Astrid ist die Tatsache, dass es ihr wichtig ist, zumindest einmal mit den Autoren zu telefonieren.

 

Romance Alliance: Erzähl doch bitte mal ein wenig über dich und deinen Beruf.

Astrid Rahlfs: Der Beruf des Lektors ist enorm vielfältig. Das ist gerade das, was mich daran reizt. Man bekommt völlig unterschiedliche Arten von Texten. Das reicht von Romanen, Sachbüchern, Schulbüchern, Flyern und Hausarbeiten bis zu Werbetexten. Auch hat man es mit völlig unterschiedlichen Menschen zu tun. Auch das ist ein äußerst spannender Punkt. Mir macht es Spaß herauszufinden, was meine Autoren bzw. Kunden mit ihrem Text verbindet, was ihre Ziele sind, und nicht zuletzt der persönliche Kontakt zu ihnen reizt mich. Meist stellt man dann fest, dass mit Humor, gutem Zuhören und regem Austausch am Ende etwas wundervoll Produktives entstehen kann. Da ich auch privat sehr kontaktfreudig und immer bereit bin, etwas Neues zu lernen, passt das einfach alles sehr gut. Insofern profitiere ich auch immer von meinen Autoren. Auch ein Lektor ist nicht perfekt.

 

Romance Alliance: Welchen Weg bist du gegangen, um Lektor zu werden? Welche „Ausbildung“ gibt es dafür?

Astrid Rahlfs: Ursprünglich bin ich Lehrerin für die Fächer Englisch und Deutsch. Aus gesundheitlichen Gründen konnte ich diesen Beruf irgendwann nicht mehr ausüben. Also musste etwas her, das sich mit meinen Therapien in Einklang bringen ließ. Daher kam ich auf die Idee, mich mit einem Lektorat selbstständig zu machen. Der Vorteil daran ist, dass ich mir meine Arbeitszeit selber einteilen kann. Leider gibt es keinen eigenen Ausbildungsweg für den Beruf des Lektors. Man sollte allerdings schon über ein abgeschlossenes Studium der Germanistik oder eines ähnlichen Studienganges verfügen. Das ist leider nicht bei allen Lektoren der Fall. Insofern rate ich Autoren schon dazu, sich die Vita ihres Lektors anzuschauen. Bei allem Respekt: Eine Grundausbildung, um mit Texten umzugehen, sollte man schon haben.

 

Romance Alliance: Wie ist die Zusammenarbeit mit den ersten Autoren und Verlagen zustande gekommen?

Astrid Rahlfs: Man muss schon sehr viel Geduld haben, denn zunächst heißt es, Akquise zu betreiben. Man ruft Verlage an und horcht einfach mal nach, ob diesbezüglich Bedarf besteht. Ferner fährt man zu Messen und schaltet Anzeigen. In meinem Fall war es so, dass ich über Telefonakquise und Anzeigen meine ersten Kunden geworben habe.

 

Romance Alliance: Hast du schon einmal einen Auftrag abgelehnt?

Astrid Rahlfs: Allerdings, mehrfach. So etwas kann unterschiedliche Gründe haben. Als Selbstständiger musst du schon aufpassen, dass du von dem, was du tust, auch leben kannst. Insofern sind Dumpingpreise, wie sie viele Kunden gerne hätten, ein No-Go. Das Problem dabei ist, dass viele Lektoren ohne qualifizierte Ausbildung oder solche, die das als Kleinstjob betrachten, viel zu niedrige Preise anbieten. Das macht den Markt auf Dauer kaputt. Da ich aber Qualität liefern möchte, bin ich auch der Meinung, dass Kunden bereit sein sollten, diese zu bezahlen. Im Gegenzug bekommen sie auch den kompletten Service. Da hänge ich mich dann auch voll rein. Ein weiterer Grund, Aufträge abzulehnen, ist der, dass ich fachlich in der Lage sein muss, dem Projekt auch gerecht zu werden. Wenn mir zum Beispiel jemand einen juristischen Text vorlegt, lehne ich ab, da ich dafür schlicht nicht kompetent genug bin. So etwas erfordert immer ein fundiertes Fachwissen. Da ich, wie erwähnt, gute Qualität liefern möchte und dazu dann nicht in der Lage wäre, lehne ich eben ab.

 

 

Romance Alliance: Hast du dich auf ein spezielles Genre spezialisiert oder bist du offen für alles?

Astrid Rahlfs: Wie bereits eingangs erwähnt, bin ich zunächst einmal grundsätzlich offen für alles. Genres, die ich eher nicht bearbeite, sind fachspezifische Themen, von denen ich nichts verstehe. Das ist ab und zu bei Sachbüchern der Fall.

 

Romance Alliance: In welchem Genre würdest du niemals arbeiten?

Astrid Rahlfs: Puh, da fällt mir spontan fast nichts ein. Grundsätzlich bin ich viel zu neugierig auf alle Formen von Texten. Wie gesagt, Rechtswissenschaften sind nicht mein Thema und auch nicht Schulbücher Mathematik und Naturwissenschaften. Da war ich in der Schule echt eine Nuss …

 

Romance Alliance: Worauf legst du bei der Überarbeitung eines Manuskripts Wert?

Astrid Rahlfs: Wichtig finde ich, dass das Buch neugierig macht und zum Weiterlesen anregt. Alles andere würde ich ja auch selbst sofort wieder aus der Hand legen. Das erreicht man am besten durch gut erdachte Charaktere, deren Merkmale sauber herausgearbeitet sind. Ferner muss die Handlung einen guten Spannungsbogen aufweisen und schlüssig sein. Eine klare Struktur des Manuskriptes ist natürlich auch wichtig; das Arbeiten mit Absätzen fällt auch in diese Kategorie. Damit ein Manuskript am Ende möglichst fehlerfrei ist, arbeite ich immer mit einem Kollegen zusammen. Das minimiert nicht nur die Fehler, sondern es findet ein reger Austausch statt, denn jeder Leser empfindet anders. Literatur ist also auch ein Stück weit Geschmackssache.

 

Romance Alliance: Was ist dir bei der Zusammenarbeit mit einem Autor wichtig?

Astrid Rahlfs: Unbedingt das persönliche Verhältnis. Natürlich gibt es Kunden, die das nicht so mögen. Das muss man tunlichst schon im ersten Kontakt herausfinden. Die meisten aber finden es meiner Erfahrung nach gut, wenn sie wissen, wem sie ihren Text anvertrauen. Zudem erleichtert es mir die Arbeit, denn ich weiß dann genau, was der Kunde möchte und kann individuell darauf eingehen. Wichtig ist mir auch, dass man Hand in Hand arbeitet. Das bedeutet, der Autor hat bei mir immer das letzte Wort. Ich verstehe mich da eher als Berater. Wenn ich wirklich mal völlig anderer Meinung bin, versuche ich schon zu argumentieren, warum man das jetzt besser doch so und nicht anders machen sollte. Am Ende hat sich bisher immer ein gemeinsamer Nenner gefunden.

 

Romance Alliance: Und wie sieht es beim Kontakt mit Verlagen aus? Läuft deine Aufgabe dann anders ab?

Astrid Rahlfs: Bei Verlagen läuft der Kontakt eigentlich ähnlich. Meistens kommen die Mitarbeiter auf mich zu und nehmen meine Leistungen in Anspruch. Dann führe ich auch dort Gespräche und versuche, die Wünsche zu berücksichtigen. Oft ist es auch so, dass ich von dort gebeten werde, mit den Autoren direkt Kontakt aufzunehmen. Dann ist es so, wie zuvor bereits geschildert.

 

Romance Alliance: Welches Erlebnis ist dir in deiner Karriere besonders deutlich in Erinnerung geblieben?

Astrid Rahlfs: Da gibt es mehrere. In Erinnerung bleibt einem natürlich immer der allererste Auftrag. Das war damals ein Roman, und die Autorin und ich hatten beide noch wenig Routine, und so wurde aus einem Schlafzimmer, dann auch mal ein Schafzimmer. Ich glaube, ein Bestseller ist das Buch nicht geworden, aber sie war trotzdem glücklich damit. Dann war ein Kunde mal nicht zufrieden mit meinem Lektorat und hat mich im Netz verrissen. Toll fand ich damals, dass mein Verlag in dieser Situation voll hinter mir gestanden hat. Das findet man heute nicht mehr oft, gerade dann nicht, wenn man freier Mitarbeiter ist. Das ist heute noch einer meiner besten Kunden. So etwas finde ich wirklich beeindruckend. Ein wirklich einschneidendes Erlebnis war der Ausstieg meiner besten Freundin aus der gemeinsamen Firma. Sie hatte sich die Arbeit als Lektorin anders vorgestellt, und von einem Tag auf den anderen musste ich alleine klarkommen. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass ich davon in meiner Entwicklung aber stark profitiert habe.

 

Romance Alliance: Mit welchem/r Autor/in würdest du gerne einmal zusammenarbeiten?

Astrid Rahlfs: Natürlich könnte ich jetzt ein paar erfolgreiche Autoren aufzählen, aber wozu? Menschlich muss es passen, dann kommt auch was Gutes dabei raus. So wie bei der Romance Alliance. Da macht es mir immer Spasssss …

 

Unsere Autorin Bettina Kiraly mit Astrid Rahlfs auf der Buchmesse in Leipzig 2018

 

Romance Alliance: Welche Schattenseiten hat dein Beruf?

Astrid Rahlfs: Der Beruf als solcher weniger, eher die Rahmenbedingungen. Als Freelancer hast du keine Altersvorsorge und das Gehalt ist jetzt nicht so bombastisch, dass du dir morgen eine Finca auf Mallorca leisten kannst. Eindeutig besser wäre eine Festanstellung. Aber vielleicht kommt ja mal irgendein Verlag, der mir ein Angebot unterbreiten würde. Dann käme ich sofort ins Grübeln.

 

Romance Alliance: Welchen Tipp hast du für Autoren?

Astrid Rahlfs: Sich immer für ein Genre entscheiden, hinter dem man voll steht, für das man sich interessiert. Auch bei Romanen beispielsweise gibt es da Unterschiede. Nicht jeder kann Erotik, Liebesromane oder Krimis gut schreiben. Lasst euch nicht in eine Ecke drängen, nur weil sich bestimmte Dinge besser verkaufen. Außerdem immer offen für Kritik und damit Weiterentwicklung sein. Stillstand ist Rückschritt.

 

Romance Alliance: Was liest du selbst in deiner Freizeit gerne? Wenn ja, welche Genres oder welche Autoren?

Astrid Rahlfs: Ich muss ja zu geben, dass ich von Kindesbeinen an ein großer Fan der drei ??? bin. Da habe ich wirklich jedes Buch im Schrank stehen. Ferner lese ich gerne die Krimis von Dick und Felix Francis aus dem Galopprennsportmilieu. Richtig gut gemacht. Gerne auch mal die Bücher von Eckhard von Hirschhausen. Diese Mischung aus Information und Humor gefällt mir.

 

Romance Alliance: Hast du einen anderen Blick auf Bücher, die du privat liest, seit du Lektor bist?

Astrid Rahlfs: Oh ja, das kann ich nicht leugnen. Ab und zu ermahne ich mich selbst. „Astrid, verdammt noch mal, jetzt lies das doch einfach mal, OHNE ständig mit deinem „Scannerblick“ drüberzuschauen …“ Wenn ich nur daran denke, muss ich schon wieder lachen …

 

Romance Alliance: Planst du selbst auch einmal ein Buch zu schreiben?

Astrid Rahlfs: Ja, da liegen tatsächlich zwei Bücher in meinem Schrank. Leider komme ich kaum dazu, sie weiter zu schreiben, da mich das Lektorat doch sehr in Anspruch nimmt. Das eine ist ein Sachbuch über berühmte deutsche Rennpferde (so ein Steckenpferd von mir) und das andere schildert meine seltene Erkrankung und wie mein Humor mir dabei hilft, damit wirklich prima zurechtzukommen. Die meisten Menschen merken mir daher auch nichts an, was ich gut finde. Ich schreibe es auch entsprechend humorvoll. Es soll anderen Schmerzpatienten Mut machen, dass man auch mit einem solchen Handicap noch sonnig durchs Leben gehen kann.

 

Liebe Astrid, vielen lieben Dank, dass du dir Zeit für dieses spannende Interview genommen hast. Wir wünschen dir für die Zukunft viel Erfolg und viele aufregende neue Projekte!

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